Freitag, 18. November 2011

Meine Ansprechpartnerin
Dr. Sara Brucker
Tel: 07071/2982211

Vor der Untersuchung Die Diagnose Scheidenaplasie wird von Deiner Frauenärztin/Frauenarzt gestellt. Dazu benötigst Du einen Arzttermin, den Du einfach telefonisch vereinbarst. Zu diesem Termin bringst Du dann die Chipkarte Deiner Krankenkasse mit, wenn Du über Deine Eltern bei einer gesetzlichen Kasse versichert bist. Ist dieser Termin bei uns in der Frauenklinik, benötigst Du zusätzlich eine Überweisung.
Bei der ersten Untersuchung ist jede junge Frau etwas aufgeregt und deshalb ist es wichtig, dass Du alle Fragen, die Du stellen willst, aufschreibst. Dabei solltest Du Dich nicht schämen, wenn Deine Fragen Themen berühren, die Du so noch mit niemand anderem besprochen hast. Für Deine(n) Ärztin/Arzt ist es wichtig, all Deine Fragen zu kennen und zu verstehen, damit sie/er Dir auch wirklich weiterhelfen kann. Dazu sind Frauenärzte ja da und sie unterliegen wie jeder andere Arzt auch der Schweigepflicht. Das bedeutet, dass sie mit niemand anderem darüber reden dürfen

 

Therapieformen

Die jeweilige Therapie hängt in erster Linie von der Art und Schwere der Erkrankung ab. Im Folgenden soll nur die Therapie der Scheidenaplasie diskutiert werden, da die Behandlung der restlichen Symptome zu spezifisch ist, um sie in Kürze darstellen zu können.
Die Therapie der Scheidenaplasie kann durch verschiedene Operationsmethoden erfolgen. Grob unterscheidet man zwischen dehnungschirurgischen Methoden, chirurgisch-plastischen Verfahren und nicht operativen Dehnungsverfahren, die aber obsolet (überaltert) sind:

1. Dehnungschirurgischen Methoden
  • Die dehnungschirurgische Bauchspiegelung modifiziert nach Wallwiener und Brucker ( S. Brucker, W. Zubke, D. Wallwiener, B. Aydeniz. Optimierung der laparoskopisch-assistierten Neovagina-Anlage durch neue Applikationsinstrumente inklusive einem neuen mechanischen Spannapparat Geburtsh Frauenheilk 2004; 64: 70-75) ist das modernste, erfolgreichste und minimalinvasivste Verfahren
2. Chirurgisch-plastischen Verfahren
  • Spalthautvagina
  • Neovagina aus herausoperierten Darmsegmenten (zumeist nach Krebsoperationen)
  • Douglas-Peritoneum-Neovagina nach Davidov (zumeist nach Krebsoperationen)
3. Nicht operative Dehnungsverfahren
(- Scheidenbildung durch konservative Dehnung der vorhandenen Scheidenhaut nach Frank)
Nochmals muss an dieser Stelle betont werden, dass diese Verfahren obsolet sind.
Die nicht-operative Dehnung einer vorhandenen Scheide ist in den meisten Fällen durch die geringe Ausbildung der Scheide nicht gegeben, da sich gewünschte Größe und Funktionalität auf diesem Wege nicht einstellen, auch nach monate- bis jahrelanger Dehnung. 


 

Nachbetreuung, Pflege und Hygiene nach Neovaginaanlage

 

 

Nachbetreuung:

Die Phase der Nachbetreuung ist entscheidend für das Ergebnis und den Erfolg der Operation.
Die neugebildete Scheide muss nun abheilen und der Körper muss sich an die neue Situation gewöhnen. Durch die regelmäßige Anwendung des Phantoms behält die Scheide ihre Länge und Weite. Die mit dem Phantom verwendete Östrogensalbe beschleunigt dabei die Abheilung und hat zudem eine pflegende Komponente. Gerade in dieser Zeit ist es sehr wichtig, dass sich die Patientin genau an die ärztlichen Anweisungen hält und regelmäßig zu den Nachuntersuchungsterminen kommt. Dort können alle Fragen und mögliche Probleme besprochen werden.

Pflege und Hygiene der Neovagina

Die neu gebildete Scheide soll weder mit Wasser ausgespült noch mit Pflegecremes eingerieben werden. Durch die richtige Reinigung des Phantoms und das Auftragen der östrogenhaltigen Creme auf das Phantom wird die neue Scheide ausreichend gepflegt. Der nach der Operation auftretende Ausfluss ist normal und wird sich nach einiger Zeit zurückbilden. Durch den täglichen Wechsel des Phantoms kann sich zudem auch kein Sekret anstauen. In dieser Zeit ist es sinnvoll eine Binde oder Slipeinlage zu tragen, bis der Ausfluss nachlässt. Sollte sich der Ausfluss ändern, z.B. in Farbe und Geruch, Schmerzen oder Juckreiz auftreten, sollte sofort ein Termin mit dem/der behandelnden Frauenarzt/Frauenärztin vereinbart werden, um eine mögliche Infektion frühzeitig erkennen und behandeln zu können.

Das Scheidenphantom

Das Scheidenphantom besteht aus hartem Kunststoff und ist in verschiedenen Formen und Längen erhältlich. So ist es möglich, das Phantom individuell auf die neu angelegte Scheide anzupassen. Dies ist wichtig für eine gute Abheilung und den Komfort der Patientin.

Warum und wie lange muss das Scheidenphantom getragen werden?

Das Scheidenphantom wird direkt nach dem Entfernen des Spannapparates und des Steckgliedphantoms in die neugebildete Scheide eingeführt. Dies ist sehr wichtig, damit die neue Scheide in ihrer Form und Länge erhalten bleibt.
Deshalb muss das Scheidenphantom über 24 Stunden täglich für mindestens 3 Monate getragen werden. Nach dieser Zeit wird das Phantom noch für einige Monate nachts getragen, da eine Schrumpfung und Verkürzung der Scheide auf jeden Fall vermieden werden soll.
Geschlechtsverkehr ist normalerweise schon nach 4 Wochen möglich.

Verwendung und Reinigung des Scheidenphantoms

Das Scheidenphantom wird wie ein Tampon in die Scheide eingeführt. Dies sollte in einer entspannten Lage erfolgen, z.B. im Liegen oder aber auch im Stehen. Eine östrogenhaltige Creme, mit der es eingerieben wird, erleichtert zum einen das Einführen und fördert zum anderen die Abheilung. Die Reinigung des Phantoms erfolgt mit klarem Wasser und/oder etwas herkömmlicher Seife. In den ersten 1- 3 Monaten sollte das Phantom mit einer desinfizierenden Lösung (Octanisept) und unsterilen Kompressen gereinigt werden. Dies kann z.B. im Rahmen der täglichen Intimhygiene erfolgen. Gerade in den ersten Wochen nach der Operation ist die neue Scheide noch nicht vollständig abgeheilt und es sollte darauf geachtet werden, dass das Phantom immer gut gereinigt eingeführt wird. Dies trägt zu einer besseren Wundheilung bei und hilft mögliche Infektionen zu vermeiden.
In den ersten 3 Monaten nach der Operation sollte das Phantom auch nur zum Stuhlgang und zum Wasserlassen, bzw. zum Geschlechtsverkehr herausgenommen werden und direkt danach wieder, gereinigt, eingeführt werden. Nach dem Reinigen kann es vorkommen, dass es schwieriger ist, das Pantom wieder vollständig einzuführen, weil sich die neue Scheide kurzfristig etwas zusammen gezogen hat. Dies ist jedoch völlig normal und nachdem das Phantom vorsichtig wieder eingeführt ist, dehnt und weitet sich die Scheide wieder.
Während des Toilettenganges sollte das Phantom herausgenommen werden. Auch während dem Duschen kann das Phantom entfernt werden, je nachdem, wie es angenehmer ist. Auf ein Vollbad oder den Besuch im Schwimmbad muss in den ersten Wochen verzichtet werden, da hierbei leichter Keime in die neue Scheide eindringen und eine Infektion verursachen können. Nach dem Abheilen der neuen Scheide und nach Absprache mit dem/der behandelnden Frauenarzt/Frauenärztin steht jedoch auch dem nichts mehr im Wege.
Sollte z.B. im Rahmen einer Freizeitaktivität nach dem Entfernen des Phantoms keine ausreichende Reinigung möglich sein, kann das Phantom auch einfach in ein Taschentuch gewickelt werden und später wieder eingeführt werden. Zu Hause sollte dann allerdings eine gründliche Reinigung erfolgen.

Verwendung eines Vibrators

In der Nachbehandlung kann auch ein Vibrator zum Dehnen der neuen Scheide verwendet werden. Allerdings sollte auch hier auf eine ausreichende Hygiene geachtet werden. Der Vibrator selbst sollte nicht zu dick sein und eine glatte Oberfläche haben, damit die neu gebildete und noch empfindliche Scheide nicht unnötig gereizt wird. Auch hier sollte allerdings die Östrogensalbe verwendet werden.

Die Miederhose

Eine speziell angefertigte Miederhose verhindert ein Herausrutschen des Phantoms während des Alltags. Die Miederhose wird bereits im Krankenhaus angepasst und dann der Patientin mit nach Hause gegeben. Die Miederhose wird so lange getragen, bis das Phantom nicht mehr aus der Scheide herausrutscht oder das Phantom nicht mehr verwendet werden muss.
Das Tragen der Miederhose ist allerdings kein Muss. Der Kreativität sind keine Grenzen gesetzt Viele Mädchen verwenden sehr schnell eigene Slips oder sogar Tangas.

 

Emotionale Belastung


  Emotionale Belastung durch die Diagnose Diagnose: Scheidenaplasie!
Diese Nachricht trifft fast immer junge Mädchen, die unmittelbar vor dem Frausein stehen.
In dieser ohnehin schwierigen Phase der Entwicklung, in der junge Frauen ihrer eigene, weibliche Identität entdecken und definieren müssen, stellt diese Diagnose eine große emotionale Belastung und Bürde dar, die nicht alleine getragen werden sollte.
Gerade die verminderte Fähigkeit, die eigene Sexualität auf demselben Wege, wie Gleichaltrige entdecken zu können sowie das Wissen um die in den meisten Fällen mit Scheidenaplasie einhergehende Unfruchtbarkeit, können junge Frauen in schwere Identitätskrisen stürzen.
Hierbei ist es sehr bedeutsam, diese Bürde des Wissens mit Vertrauten zu teilen, um sie nicht alleine tragen zu müssen. Man sollte über Ängste, Sorgen und Hoffnungen offen reden, um die eigene Situation und Wünsche zu verstehen.
Insbesondere um die optimale Therapie wählen zu können, ist es wichtig, über alle Optionen zu sprechen und die am meisten Erfolg versprechende zu finden.
Hierzu ist eine Vertrauensbasis zwischen Arzt und Patientin notwendig, damit dieser mit allen Wünschen und Sorgen vertraut ist, um so die Therapie effektiv planen zu können.
Im Falle der testikulären Feminisierung ist es besonders hervorzuheben, dass diese jungen Mädchen zwar ein männliches Geschlechtschromosom haben, welches aufgrund einer Hormonrezeptormangel-Erkrankung zwar geringen Einfluss auf die Ausbildung der Geschlechtsorgane hat, jedoch keineswegs auf die geschlechtliche Identität einer Person.
Diese jungen Frauen haben somit zwar nicht vollständig ausgebildete weibliche Geschlechtsorgane, allerdings mit Ausnahme von Hoden im Leistenbereich keinerlei männlichen Merkmale. Sie sind also nicht männlich veranlagt, sondern durch und durch Frau.
Patientinnen dürfen den Mut nicht verlieren.
Aufgrund der Therapieformen, die der modernen Medizin zur Verfügung stehen, lassen sich viele Symptome effektiv behandeln und somit Ängste und Sorgen nehmen.
Da die sensiblen Nerven, die für den Geschlechtsverkehr wichtig sind, unabhängig von der geschlechtlichen Entwicklung entstehen und somit bei allen Betroffenen vorhanden sind, wird Geschlechtsverkehr z.B. durch das Anlegen einer Neovagina, also einer neuen Scheide, in allen Formen möglich.
Frauen ohne Gebärmutter, aber mit Eierstöcken kann die moderne Reproduktionsmedizin Eizellen entnehmen und mit dem Erbmaterial des Vaters künstlich befruchten. Das Kind wird dann von einer so genannten Leihmutter ausgetragen, ist aber biologisch das Kind der Patientin und des Vaters.
Der Weg zum ganz Frau sein, ist mit Unterstützung ein begehbarer Weg, auf dem in erster Linie die eigenen Unsicherheiten und Ängste besiegt werden müssen.



Scheidenaplasie & Unfruchtbarkeit


  Scheidenaplasie und Unfruchtbarkeit In den allermeisten Fällen geht die Scheidenaplasie mit Unfruchtbarkeit einher.
Für die Unfruchtbarkeit ist dabei die übergeordnete Krankheit, wie z.B. das MRKH-Syndrom verantwortlich, die sich neben der Scheidenaplasie durch das Fehlen oder die unvollständigen Ausbildung der Gebärmutter äußert.
Wenn die Patientin Eierstöcke hat, so ist es durchaus möglich mit Hilfe der assistierten Reproduktionsmedizin eine ihrer Eizellen mit dem Erbmaterial des Vaters zu befruchten, also eine künstliche Schwangerschaft einzuleiten.

Die Mutter kann das Kind allerdings nicht selbst austragen, sondern benötigt hierfür eine so genannte "Leihmutter". Diese Art der Leihmutterschaft ist allerdings in Deutschland und mehreren anderen europäischen Ländern nicht erlaubt. An Methoden der Gebärmutterverpflanzung wird geforscht.

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